VG Johannes
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# Zeit: MD 01.1300
# Ort: Hexenhaus
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„Es ist ein Replikator…. Damit können auch dumme Menschen Sachen erscheinen lassen…. Wie mit Magie.“ Fabis Augen weiteten sich, „Und wie geht das.“ Ana zuckte mit den Schultern, „Ich besitze echte Magie…. Aber ich habe mal gehört man muss sowas streicheln.“
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„Streicheln“, wiederholte Fabièn ungläubig. Vorsichtig nahm er das Objekt zur Hand, drehte es einmal hin und her. Nachdem er Ana noch mal einen zweifelnden Blick zugeworfen hatte, strich er zaghaft mit seiner Hand darüber und kam sich dabei ausgesprochen lächerlich vor. Die Bronze war kühl und glatt unter seinen Fingern.
Nichts passierte.
„Muss man es an einer bestimmten Stelle streicheln oder was?“ fragte er.
„Hm. An einem Ende vielleicht“, vermutete Ana.
Fabi besah sich die Enden des Zylinders genauer. An einem davon war eine eigenartige Einbuchtung mit metallenen Stiften darin. Er streichelte sie, aber wieder passierte nichts.
Da er keine Lust hatte, sich vor den Augen der Hexe weiterhin zum Affen zu machen, legte er das Ding wieder auf den Tisch zurück. Das konnte er ja später noch in Ruhe ausprobieren.
„Woher lässt es die Sachen erscheinen? Was für Sachen überhaupt?“, fragte er weiter.
„Du bist aber heute ganz schön neugierig.“, stichelte Ana. „Er kann fast alles erschaffen, was nicht zu groß ist, nur keine magischen Gegenstände. Die Dinge erscheinen einfach, sie kommen nicht woanders her. Sehr praktisch.“
Fabi sah der Hexe aufmerksam ins Gesicht, veralberte sie ihn? Doch sie schien absolut überzeugt zu sein von ihrer Erklärung. Er konnte ihr sowieso nur einfach vertrauen.
„Na schön. Mal angenommen, du hast recht, und weiter angenommen, ich würde es irgendwie aufwecken können. Wie würde man es verwenden? Oh, und vor allem, wie würde man es wieder ausschalten?“ Er kannte genügend Märchen, in denen irgendein magischer Gegenstand etwas herstellte – süßen Brei, Wassereimer, … – und keiner wusste, wie man es zum Halten brachte. Schalte nichts ein, von dem du nicht weißt wie es auszuschalten geht, war die Devise.
„Na, du sagst ihm einfach was du willst, und er lässt es erscheinen. Ganz simpel. Er kann auch Dinge wieder verschwinden lassen, dafür stellt man ihm etwas hin und sagt ‚Dereplizieren‘. Das ist kinderleicht, da kann nichts schiefgehen.“
Genaugenommen war Ana gar nicht so sicher mit dem was sie sagte; die Erklärung beruhte eher auf Intuition als auf echtem Wissen. Aber erfahrungsgemäß hatte ihre Intuition meistens recht, außer wenn es darum ging, Leute in Kröten zu verwandeln, und überhaupt würde sie sich vor dem Krämer sicher keine Blöße geben.
„…Was meinst du, ist so was wert?“ fragte er als nächstes und bestätigte insgeheim sämtliche Vorurteile, die sie über Krämer im allgemeinen so hegte.
# Zeit: MD 02.1640
# Ort: Nachtmühle
Wie viele andere, hatte auch Fabi, so schnell er konnte, seinen Laden geschlossen und sich auf den Weg zum Haus der Müllerin gemacht. Ein Brand ging alle an, und zusammen konnten sie vielleicht noch verhindern dass er sich ausbreitete. Die Mühle war sicher nicht zu retten, da machte er sich keine Illusionen, nicht wenn man selbst zu Pferd eine Viertelstunde bis dahin brauchte.
Fabi, der nicht zur glücklichen Gruppe der Pferdebesitzer gehörte, hatte keine andere Wahl, als seine Füße zu benutzen. Er folgte einer größeren Gruppe von Reedalern, und lauschte unterwegs ihren Unterhaltungen. Im Großen und Ganzen herrschte die Meinung vor, dass die Nachthexe es sicher nicht anders verdient hatte und von Gottes gerechter Strafe getroffen worden war. Einige vernünftigere Stimmen mahnten jedoch auch, dass sie alle das Mehl aus der Mühle brauchten, und dass die gerechte Strafe leicht zu einer Strafe für alle werden könnte. Unter anderen Umstände wäre sicher ein Streit ausgebrochen, doch die Leute brauchten ihre Kraft um zur Mühle zu eilen. Der Weg durch den Wald war weit. Zum Glück fuhren täglich Karren, so dass er wenigstens breit und gut erkennbar war.
Sie hatten die Mühle fast erreicht, die Rauchsäule hing schon groß und bedrohlich über ihnen, als etwas unerwartetes geschah. Plötzlich zog sich der Himmel zu, und große, nasse Regentropfen fielen ihnen auf die Köpfe. Es dauerte nur wenige Augenblicke, ehe die Menge der Tropfen zunahm und aus dem ersten Nieseln ein handfester Wolkenbruch wurde. Einige lachten erleichtert über das unerwartete Glück.
Unwillkürlich sah Fabi sich um. Dass es aus heiterem Himmel plötzlich regnete, war doch nicht normal. Da war eindeutig Magie im Spiel. Vielleicht hatten sie letztendlich doch noch eine Chance.
— wenig später —
Als Fabièn und die Reedaler aus seiner Gruppe die Mühle erreicht hatten, hatte der Regen schon den Hauptteil der Flammen gelöscht. Traurig ragten qualmende, verkohlte Holzbalken in den Himmel auf. Bald begannen sich die Wolken so schnell wieder aufzulösen, wie sie entstanden waren.
Dennoch gab es genug zu tun. Shay der Einhornzüchter hatte das Kommando übernommen, als hätte er noch nie etwas anderes getan. Er teilte sie flugs in kleine Gruppen ein, von denen einige Wasser holen und andere die letzten Brandnester löschen sollten. Ganz im Gegensatz zu den sonstigen Gepflogenheiten, ordneten sich die Reedaler brav unter und taten wie geheißen, was für sich genommen schon ein kleines Wunder war.
Fabi war in der Gruppe, die in der Mühle nach dem Rechten sehen sollte. Bei ihm war noch Steven Jackson aus Reedale und ein Nikolay aus Arcadia. Fabi hatte schon bemerkt, dass Shay jeder Reedaler Gruppe wenigstens einen Arcadier zugeteilt hatte, vermutlich um aufzupassen dass keiner Unfug anstellte.
Das Innere der Mühle war erstaunlich. Nie hätte er erwartet, so etwas vorzufinden. Bis in den letzten Winkel war das Gebäude vollgestopft mit ausgefeilten Mechanismen, Antrieben, Signalglöckchen und Seilzügen zur Fernsteuerung. Bei den meisten Sachen konnte er nur raten, wofür sie dienten und wie sie funktionierten. Doch es war klar erkennbar, dass es eine Art zentrales Kontrollpult gab, mit Dutzenden von Hebeln, Schaltern und Zeigern. Von diesem aus konnte man anscheinend die ganze Mühle fernsteuern, ohne einen Schritt zu tun. Soviel zur Theorie, die Müllerin wäre mit finsteren Mächten verbündet.
Tatsächlich hatten sie gar nicht viel Zeit, die Mechanik zu bewundern. Die unteren Stockwerke des Mühlengebäudes waren unversehrt geblieben, wenngleich es in den Räumen ordentlich warm geworden war. Hier und da sammelte sich Wasser, das man zur Kühlung an die Wände gegossen hatte, in kleinen Pfützen. Deswegen stiegen sie mit ihren Löscheimern so schnell sie konnten die Treppen hoch, bis sie den Dachboden erreicht hatten.
Die unteren Schichten des Reetdaches waren bereits schwarz von der Hitze, die sich durch das Dach fraß. Die Schichten von Schilfbündeln, aus denen das Dach bestand, hielten Wasser von oben sehr effektiv fern. Das galt leider auch für das von außen aufs Dach gekippte Löschwasser. Deswegen schien die Glut im Innern der Schilfdeckung sich ungebremst weiterzufressen. Noch während sie da standen, breiteten sich die verkohlten Flecken auf der Unterseite der Dachdeckung weiter aus.
Doch das Löschen war nicht einmal das dringlichste Problem. Nikolay erkannte als erstes die Gefahr, die der überall in der Luft hängende Mehlstaub darstellte. Der erste Funke, der durch die Schilfmatten drang, könnte das ganze Gebäude in die Luft jagen. So schnell sie konnten, schnappten sie sich alle irgendeine Klinge und schnitten als erstes ein paar Löcher in das Dach, um für Durchzug zu sorgen.
— später —
Wie durch ein Wunder war es nicht zu einer Explosion gekommen, und auch die Glutnester im Dach der Mühle waren unter Kontrolle; wobei sie dafür allerdings etwa drei Viertel der Dachfläche abgedeckt hatten. Auch Wasser war reichlich geflossen und hatte sich unvermeidbarerweise den Weg in die unteren Stockwerke gesucht. Doch auf die Mechanismen der Müllerin hatten sie leider keine Rücksicht nehmen können.
Schließlich verließen sie erschöpft die Mühle. Während die anderen schon zur Tür hinaus waren, stieg Fabièn noch langsam, Stufe für Stufe die schmalen Holztreppen hinab. Er war so geschafft, dass er noch nicht einmal auf die Idee kam, nach Gegenständen Ausschau zu halten, die für eine Annektion in Frage gekommen wären.
Schließlich hatte auch er das Erdgeschoss erreicht. Als er gerade durch die Türöffnung hinaus auf die Lichtung gehen wollte, kam ihm unerwartet jemand entgegen. Er konnte gerade noch stehenbleiben, ehe es zum Zusammenstoß kam.
„Huch, doch noch jemand hier drin“, kommentierte sie – es war eine Frau, die herein wollte. „Ich wollte nur noch mal drin nach dem Rechten sehen.“
„Dann nur herein“, wich Fabi zurück, um sie einzulassen. Frauen gegenüber war er stets höflich, es sei denn, es gab Anlass unfreundlich zu werden.
Sie bückte sich durch die Türöffnung und blieb am Eingang des Raumes stehen. Fabièn sah sie an und war wie vom Donner gerührt.
Die Frau hatte schwarze Haare und leicht mandelförmige Augen, wodurch sie etwas exotisches an sich hatte. Sie hatte ebenmäßige, runde Gesichtszüge und wirkte attraktiv. Um die Schultern trug sie einen langen schwarzen Mantel, unter dem feine Seide oder so etwas ähnliches hervorlugte. Im Inneren der Mühle, unmittelbar neben ihm, blieb sie stehen und sah sich um.
Dies gab Fabièn Gelegenheit, ihre Aura zu studieren, ohne aufdringlich zu erscheinen. Und diese hatte es in sich. Obwohl er die Frau noch nie in Reedale gesehen hatte, hatte er plötzlich das Gefühl, nein – die Gewissheit, mit ihr vertraut zu sein, sie schon lange zu kennen.
Normalerweise gab er nicht viel auf die Leuchterscheinungen, die andere Lebewesen umgaben; selten war etwas nützliches herauszulesen. Nur manchmal beim Feilschen war es praktisch, wenn man sah, ob der Kunde wirklich nicht mehr zahlen würde oder nur pokerte.
Doch diese Aura war anders. Sie traf ihn wie ein Blitz. Er hatte das Gefühl, jeder der ätherischen Wirbel, jede Farbnuance wäre ihm so vertraut wie seine Westentasche. Wie konnte das sein? Sie war doch eine Fremde? War es vielleicht irgendeine Art Betörungszauber? Doch warum sollte jemand wie sie, in einer Situation wie dieser, so einen Zauber brauchen. Nein. Er studierte die Farben und meinte fast, ihren Namen zu hören, J… Jet..?
Fabien betrachtete noch einmal ihr Gesicht. Nein, er kannte sie wirklich nicht. Und doch …
Mit etwas Verzögerung, hatte sie nun doch bemerkt, dass sie beobachtet wurde. „Alles in Ordnung?“, fragte sie beiläufig, vielleicht gestört durch die unerwartete Aufmerksamkeit.
„Ja… nein… “ stammelte Fabièn. „Ihre Aura…“
Die Frau sah ihn verwirrt an und trat einen Schritt zurück, ins Erdgeschoss der Mühle hinein. „Aura?“ Es klang, als wüsste sie mit dem Wort nichts anzufangen.
Was tat er hier nur? Aus dem Nichts heraus verspürte Fabièn eine plötzliche, irrationale Angst vor der Situation.
„Entschuldigen Sie bitte“, brachte er hervor und verließ eilig die Mühle. Er hatte noch nicht einmal bemerkt, dass das, was er für einen schwarzen Umhang gehalten hatte, in Wirklichkeit Flügel waren.
# Zeit: MD 02.2200
# Ort: Haus des Krämers Fabièn
Der Tag war anstrengend genug gewesen. Dennoch hatte Fabi abends vor dem Zubettgehen die Zeit gefunden, sich den „Replikator“ noch einmal genauer anzusehen. Er hatte ihn vorne und hinten gestreichelt, ringsherum, oben, unten, an jeder der Verzierungen… eigentlich müsste das Ding schon total abgewetzt aussehen von der vielen Streichelei. Mindestens eine Stunde hatte er in seinem Kämmerlein daran herumprobiert.
Doch alles hatte nichts gefruchtet. Allmählich kam ihm der Verdacht, dass die Hexe Ana vielleicht doch nicht ganz so gut informiert war, wie sie sich den Anschein gab. Verflixt.
Er hätte die Beschäftigung mit dem Ding längst aufgegeben. Doch es war einfach zu verlockend. Ein Gerät, das alles herstellen konnte, was man sich nur wünschen könnte. Aus dem Nichts heraus! Keine Feilscherei mehr mit irgendwelchen fahrenden Händlern, kein mühsames Stöbern nach irgendwelchen Artefakten mehr. Er könnte einfach das Gerät irgendwelche Sachen machen lassen und diese dann verkaufen. Ein Traum! Doch vorher musste er es irgendwie in Gang setzen!
Seufzend legte er den Bronzezylinder auf seinen Nachttisch. Ein hübscher Briefbeschwerer, mehr war es nicht, solange er den Einschalter nicht fand.
Er dachte an die vielen Mechanismen in der Mühle, die er heute gesehen hatte. Die Nachtmüllerin schien wirklich sehr begabt zu sein, was Apparaturen und Geräte anging. Sie wüsste bestimmt, wie der Replikator zu benutzen wäre.
Hm. So ein Wohnhaus wieder aufzubauen kostete doch bestimmt eine Menge Geld. Im Kopf des Krämers formte sich ein Vorschlag für ein Geschäft. Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Ja, morgen würde er sie einmal aufsuchen.
Fabi löschte die Öllampe und legte sich ins Bett. Die Ereignisse des Tages schwirrten ihm durch den Kopf, verwandelten sich allmählich und unwillkürlich in die ersten Träume. Darin kam eine schwarzhaarige Frau mit Mandelaugen vor, eine Frau, die er sehr gut kannte…
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<SUM>
# Zeit: MD 01.1300
# Ort: Hexenhaus
– Ana erzählt Fabi etwas mehr über den Replikator.
# Zeit: MD 02.1700
# Ort: Mühle
– Fabi hilft beim Löschen und sieht das Innere der Mühle. Er trifft auf Jetsun, wobei ihm ihre Aura unheimlich bekannt vorkommt.
# Zeit: MD 02.2200
# Ort: Haus des Krämers Fabièn
– Fabi überlegt sich, dass Nazira wahrscheinlich rausbekommen, kann wie der Replikator zu benutzen ist. Er nimmt sich vor, ihr ein Geschäft vorzuschlagen. Zudem geht Jetsun ihm nicht aus dem Kopf.
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**submitted by
Johannes aka Fabièn LaGroille