Copo Isa und Sven
Wir sind gespannt auf die Fortsetzung.
Eine Idee ich bereits im Kopf. Ganz vielen lieben Dank, Isa!
<RPG>
————————————————————
#Zeit: MD 04.1700
#Ort: Der Garten des Hauses von Elder Godric, Reedale
————————————————————
Jetsun und Massimo hatten sich an den Tisch im Garten gesetzt, während Elder Godric Tee bereitete. Massimo fand den Garten sehr schön, Ranken bedeckten diese Seite einer Mauer, im Beet daneben säubelich gestutzte Rosen und eine andere Ecke war voller Küchenkräuter, deren Düfte sich in der Nachmittagsluft mischten und durch den lauen Wind herüber getragen wurden.
Massimo war nie jemand gewesen, der viele Worte machte. Er war Musiker, er las gern, er sprach mehrere Sprachen und war immer begierig, etwas zu lernen, aber Smalltalk oder überhaupt Gespräche, lagen ihm nicht. Was sollte er der Frau nun sagen, deren Ende einer Entführung er miterlebt hatte?
„Es tut mir leid, was mit Ihnen passiert ist, Signora, ich bin zutiefst erschüttert“, sprach er den naheliegendsten Gedanken aus und meinte es auch so, „Ich weiß nicht, was in Temba gefahren ist, es ist, als hätte irgend etwas Macht über ihn. Vor einigen Jahren war er einfach ein Mann, der sich um die Kirche, den Kirchgarten und den Pfarrer kümmerte. Mit der Zeit wurde er immer… radikaler. Ignoranter. Verbohrter.“
Es war verwirrend. Diese Frau hatte Flügel wie ein Engel, sie sah der Statue, die er erst heute bei Fabi gekauft hatte, verblüffend ähnlich.
Jetsun dagegen war sich noch nicht wirklich sicher, ob sie nicht doch lieber einfach ihre Flügel ausbreiten und sich in die Lüfte schwingen sollte. Ihr Blick fiel nach oben. Es gab kein Netz oder Balken einer Pergola. Sie _könnte_ also einfach verschwinden.
Tatsächlich war das der Ausschlag dafür, dass sie doch blieb. Das, und die Art dieses Mannes ohne Haare auf dem Kopf. Er war einfach… freundlich. Ohne Arg. Jedenfalls kam er so rüber und das war mehr als man von den meisten Menschen sagen konnte. Fast alle waren unglaublich misstrauisch und erwarteten eigentlich immer, dass man sie entweder hinterging oder etwas forderte. Und das… musst Jetsun sich eingestehen… hatte sich auch auf sie abgefärbt, so dass sie inzwischen den Menschen nur noch mistraute.
Die Aasimar setzte sich vorsichtig in den Stuhl, was nicht so ganz einfach war. Ihre Schwingen waren auch zusammengelegt bodenlang. Aber natürlich war sie den Umgang damit so gewohnt wie eine Katze den Umgang mit ihrem Schwanz.
Massimo sprach dann etwas, was wie eine Entschuldigung klang, aus. Für etwas, was er selbst gar nicht zu verantworten hatte. Dennoch hatte er recht.
„Ich danke Dir, Massimo.“ erwiderte Jetsun, ging aber nicht weiter darauf ein.
Sie hatte schon häufig laut und heftig mit dem Pater gestritten. Di Loreno war ein Mann voller Grundsätze und dabei absolut kompromisslos. Das Problem war, dass er mit seinen Grundsätzen anderen Lebewesen das Recht auf Leben absprach. Und dabei auch noch die Existenz anderer Gottheiten verleugnete. Beides etwas, mit dem Jetsun absolut nicht zurechtkam. Doch darüber wollte sie jetzt nicht sprechen. Sie hatte noch immer etwas Kopfschmerzen und je mehr sie sich gerade mit unangenehmen Themen auseinandersetzte, desto stärker wurden diese.
Jetsun schloss die Augen legte ihre Fingerspitzen an die Stirn. Dabei fühlte sie etwas feuchtes und öffnete ihre Augen wieder und besah sich ihre Finger. Ein paar Tropfen ihres schillernden, irisierenden Blutes klebten daran. Traurig lächelnd rieb sie die Fingerspitzen aneinander und die Tropfen lösten sich und fielen… hinauf in den unendlichen Himmel.
„Entschuldige!“ sagte sie zu Massimo, der sie faszinierend ansah, legte wieder die Fingerspitzen an die Schläfen und konzentrierte sich auf ihre Magie. Ein leichtes Summen erklang in ihren Ohren, etwas was nur sehr sensible Lebewesen auch spüren konnten. Ihre Wunde auf der Stirn begann sich zu schließen und ihre Kopfschmerzen ließen nach und verschwanden dann schlussendlich. Dann sah sie wieder auf.
„Verzeihung, aber was war das eben, Signora? Dieses Summen?“
„Oh.“ Jetsun war überrascht. „Du hast es auch wahrgenommen?“
„Si, Signora. Es war… ein wenig so, wie das Schnurren einer Katze. Es fühlte sich sehr angenehm an.“
„Das war Heilmagie. Es ist…“ Jetsun überlegte kurz. Sie würde jetzt etwas von der unendlichen Tiefe des Universums erklären. Von der Macht der Göttin und dass diese selbst ihr die Fähigkeit zur Heilung verlieh. Doch sie war nicht sicher, ob das jetzt wirklich das richtige Thema war, daher fuhr sie fort:
„Ich hatte noch Schmerzen. Und diese Verletzung. Die habe ich geheilt.“
Dann lächelte sie offen. „Dass Du das gespürt hast, bezeugt, dass Du ein sehr sensitives Wesen hast, Massimo. Du bist Musiker?“
„Ja, Signora. Ich habe die Ehre. Der…“ Auch Massimo unterbrach sich kurz. Er selbst sah sich von Gott begnadet. Doch auch er spürte, dass er dieses Thema erst einmal umschiffen sollte. Außerdem war er in Gedanken noch immer bei diesem so fremdartigen Blut, dass gegen alle Regeln statt auf den Boden zu tropfen hinauf in den Himmel fiel.
„Ich habe die Gnade, Musik machen zu können. Ich fühle sie, sehe sie beinahe, Töne, Klänge und Laute sind für mich wie Farben auf einer Leinwand, die sich… irgendwie ganz einfach harmonisch anordnen und mit Leben füllen lassen. Es bereitet mir viel Freude zu musizieren.“
In diesem Augenblick kam der Elder mit einem Tablett in den Händen zu ihnen in den Garten hinaus.
Godric platzierte Tassen vor seine Gäste, hübsches Porzellan, dass sicher nicht ganz billig gewesen war. Aus einer dazu passenden Kanne schüttete er Tee ein.
„Honig und Milch sind in den beiden Töpfen“, merkte er an, „Bitte bedient Euch.“
Massimo ließ Jetsun den Vortritt und nahm danach ein klein wenig Honig zum Süßen. Vorsichtig rührte er um und überlegte. Der Pater, der Küster, die Gemeinde. Die flammenden Reden und die Aufwiegelei. Das musste enden. Die Mühle war dem zum Opfer gefallen und eine Frau verletzt worden. Was da passierte, war Anstiftung. Aber ohne den Lord gab es auch keinen Richter, der ermahnen oder ein Urteil fällen konnte.
„Wie können wir es verhindern, dass noch mehr Unheil geschieht“, seufzte der Organist und war ratlos. Es brauchte eine Autorität, auf die alle hörten. Godric hatte eine gewisse Macht, aber das langte einfach nicht. Di Lenoro würde bald wieder predigen und Gewalt und Flammen auf die ‚Hexen‘ und ‚gegen Gottes Natur verstoßende Wesen‘ herabrufen. Spätestens, wenn wieder jemand krank würde, egal ob Mensch oder Tier, oder wenn etwas passierte, die Ernte verhagelte, irgend ein Unglück geschah, würde der Priester erneut auf Schuldige zeigen – und die Menge würde diese Geschichte nur allzu gern annehmen. Die Suche nach Schuldigen war so unendlich viel einfacher, als die Suche nach Lösungen.
Das Böse gewann immer dort, wo das Gute daneben stand und nichts dagegen tat. Nur was?
Massimo betrachtete die Frau. Ihre Flügel. Ihr fein geschnittenes Gesicht. Ihre Schönheit. Er langte in seine Tasche.
„Entschuldigt, Signora, aber… sind Sie ein Engel?“, fragte er und stellte behutsam die kleine Bronzestatue auf den Tisch, drehte sie so, dass Jetsun und Godric sie deutlich sahen, ihr Gesicht, ihre Gestalt, „…oder könnten Sie einer sein für die Menge? Ein Engel, den Gott sandte und der den Priester in seine Schranken weist? Es ist genug Blut geflossen und wenn es so weiter geht, wird noch jemand umgebracht werden.“
„Oh!“ machte Jetsun und beugte sich vor. Gern hätte sie das Figürchen näher betrachtet, doch dank der Gnade der Göttin waren ihre Augen auch so scharf genug um jedes feinste Detail der kleinen Statue zu erkennen.
„Das bin ja tatsächlich ich! Es ist… tatsächlich!“ stieß sie frappiert aus.
„Wer hat das denn gemacht?“
„Das kann ich leider nicht sagen, Signora. Ich habe das Figürchen bei einem Krämer gefunden und konnte nicht daran vorbei gehen.“
„Fabièn?“ fragte Godric.
„Ja, genau.“ bestätigte Massimo um sich dann wieder an Jetsun zu wenden.
„Sind Sie ein Engel?“
Jetsun lächelte ein wenig fatalistisch.
„Nein.“ erwiderte sie dann. „Ich bin eine Aasimar. Wir sind ein Volk, dass seine Ursprünge in celestischen Wesen hat. Das schon.
Doch… ich bete deinen einen Gott auch nicht an. Meine Göttin ist die heilige Mutter Alatheia und sie war schon da bevor der eine Gott kam und alle anderen zu verdrängen suchte. Dennoch sind seine Lehren, abgesehen von dieser einen Idee, gut.
Ich glaube auc nicht, dass ich ein Engel für Pater di Loreno sein kann. Er kennt mich schon einige Zeit und wir haben oft miteinander gestritten. Er weiß wer ich bin und hat eine grobe Vorstellung davon was ich bin und was ich kann.“
Bedauernd schaute sie wieder auf das Figürchen.
„Pater di Loreno hat leider eine Art, die mich fürchterlich aufregt. Ich bin ein sanftmütiges Wesen, doch er hat es in der Hand, mich derart aufzuregen, dass ich befürchte, die Geduld zu verlieren. Bislang bin ich immer geflohen, wenn es so weit war, doch…“ sie strich mit den Fingerspitzen über die Stelle wo bis eben noch die Platzwunde war „…wenn er mich das nächste Mal reizen sollte, besteht die Gefahr, dass ich ihm möglicherweise weh tue. Und das will ich nicht.“
Jetsun sah auf ihren Schwingen.
„Mein Haar und meine Federn sind tiefschwarz. Ich fürchte er wird mich dann eher als einen Engel eurer Hölle ansehen.“
Massimo schüttelte den Kopf. „Engel, die gefallen sind, besitzen keine Flügel mehr. Sie können nicht fliegen. Fliegen können nur die Vögel und die Engel.“
Der Organist griff seine Teetasse, doch bevor er einen Schluck nahm, erklärte er: „Es werden Menschen verletzt. Das muss aufhören.“
Bedächtig führte er die Tasse an die Lippen und nippte am heißen Getränk, dessen Geschmack sich auf seiner Zunge entfaltete. Würzig und süß. Mit einem leicht bitteren Nachgeschmack.
Massimo blickte Godric an, dann Jetsun. Wenn es nach ihm ging, dann wurde niemand verletzt, niemand aufgehetzt. Kunst, Musik, Bücher, das war die Welt, die er verstand und mochte. Menschen sollten einander respektieren und achten, immer. Das war seine tiefste Überzeugung, weshalb es ihm auch schwer fiel, die Beweggünde des Paters zu verstehen, oder derer, die ihm an den Lippen hingen, Häuser anzündeten oder andere verletzten.
„Und dienet einander, ein jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes. So sprach der eine Gott. Doch wie kann ich noch einem dienen, der nicht selbst dient, der Feuer und Hass predigt.“
Schmerzlich verzog Massimo das Gesicht. Was blieb ihm übrig? Er musste den Pater zur Rede stellen. Allein die Vorstellung, diese wunderbare Frau in den Händen derer, die blind hassten, war unerträglich.
„Signora, Senor, ich muss mit dem Pater reden. Es muss enden.“
So sanft wie seine Stimme, so hart war der Entschluß des Musikers.
Die heilige Schrift benannte den großen Drachen, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt und das war das, was auch der Pater tat. Der Teufel selbst musste ihm einflüstern. Anders war es nicht zu erklären.
„Das wollt Ihr tun?“ meldete sich der Elder Godric zu Wort.
„Ich muss es!“ bekräftigte Massimo noch einmal.
„Dann werde ich Euch begleiten!“ nickte Godric. Die Vorstellung, dass Massimo hier alleine mit Pater di Loreno reden wollte, machte ihm Sorge.
„Wenn es erforderlich ist, werde ich euch ebenfalls begleiten.“ fügte nun auch Jetsun hinzu. Auch wenn sie sich Sorgen machte.
Massimo nickte. Ja, wahrscheinlich wäre es gut, dies in aller Öffentlichkeit zu tun. Am Besten direkt vor der gesamten Gemeinde.
„Vielen Dank, aber bringt Euch nicht in Gefahr für mich. Ich habe da eine Idee…“
Massimo erklärte seinen Vorschlag.
</RPG>
<SUM>
#Zeit: MD 04.1700
#Ort: Der Garten des Hauses von Elder Godric, Reedale
Jetsun und Massimo lernen sich etwas kennen, Godric serviert Tee. Massimo ist stark besorgt und sucht nach einer Möglichkeit, den Hass und die Hetze zu beenden, bevor noch Schlimmeres passiert.
</SUM>
submitted by
Jetsun und Assets