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Zeit: SpD -20.1600
Ort: Büro von Claudia Ruthven, K7
„Wie, wir haben sie verpasst? Was soll das heißen sie können uns nicht sagen, wo sie ist? Wir sind den ganzen verdammten Weg hierhergekommen
und nun ist sie einfach weg? Was soll das?“
Die harte Stimme des Mannes erfüllte den Raum. Der Adjutant von Claudia Ruthven, welcher dafür Sorge trug, dass niemand unangemeldet
zu seiner Chefin ins Büro kam, hatte sich vor der Tür des Büros aufgebaut. Die harte, laute Stimme prallte an ihm ab, als würde er einen Schutzpanzer tragen. Dieser Tage wollte oft Menschen mit der Kommandantin sprechen. Oft waren es Angehörige, welche sich
auf einen beschwerlichen Weg von der Erde bis zur Station begeben hatten. Sie suchten nach Antworten auf ihre Fragen. Diese hatten immer mit dem Krieg und vermissten Schiffen zu tun. Der junge Mann hatte sich schon eine Eloquenz erarbeitet im Umgang mit diesen
Fragen.
„Sir, ich verstehe, dass sie verärgert sind, und das tut mir leid!“
„Einen Scheiß tut es Ihnen. Sie achten noch nicht einmal meinen Rang. Was bin ich für Sie, ein dahergelaufener Panikkrüppel? Ich
mache mir keine Sorgen, ich will mit der Kommandantin sprechen!“
Der junge Mann nickte, allerdings nicht unbedingt verständnisvoll. „Sir, nein Sir, sie sind für mich kein Krüppel. Und nein, dass
ich sie nicht zur Commodore lasse, hat nichts damit zu tun, dass ich sie als Cmdr. der Sternenflotte geringschätzen würde. Es hat mit meinen Aufgaben zu tun. Die Commodore ist in einer Besprechung und es geht um streng geheime Dinge. Ich kann sie nicht durchlassen!“
Seine letzten Worte waren bestimmter geworden.
Der ältere Mann vor ihm atmete schwer und blickte mit bohrenden Blicken zu der Tür der Commodore. Er war es nicht gewohnt, dass
man ihn nicht beachtete.
Im Gegensatz dazu die jüngere Frau an seiner Seite. Sie drückte den Arm des Mannes. „Dad, lass uns gehen. Commodore Ruthven hat
sicherlich an einem anderen Tag für uns Zeit.“ Sie blickte zu dem jungen Mann. „Ens. es tut mir leid, dass wir sie so beanspruchen, ich werde mich bei ihnen melden und wir vereinbaren einen Termin.“
„Verdammt Natasha, was soll das! Glaubst Du so erreicht man etwas im Leben!“ donnerte der Mann neben ihr und zog seinen Arm unter
ihrer Hand hinweg.
Natasha rollte mit den Augen. Die Laune ihres Vaters hatte sich nicht im kleinsten Detail verbessert. Er war mittlerweile dauergereizt
und ließ diese Laune an allen aus, die ihm in die Quere kamen.
„Dad, es reicht. Der Ens. kann nichts für Deine schlechte Laune und…“
„Sag mir nicht was ich tun und lassen soll. Kümmere Dich um Kinder oder sorge dafür das Dein Mann nicht mehr fremdgeht.“ Jack
blitzte seine Tochter an.
Dieser stiegen die Tränen in die Augen. Wieder einmal war sie nicht genug. Reichte es nicht, was sie geleistet hatte. Doch sie
biss sich auf die Lippe. Dieses Mal würde sie nicht in die Kind Rolle rutschen. Sie konnte ihrem Dad auf Augenhöhe begegnen.
„Glaubst Du, Du erreichst mit Deinem Auftritt hier etwas? Glaubst Du, Commodore Ruthven wird unser Anliegen anhören, wenn Sie
mitbekommt, wie Du Dich hier aufführst. Du bist kein beschissener Admiral und selbst die können sich heutzutage nicht mehr so benehmen. Wir gehen!“
Damit drehte sich Natasha um und verließ den Mann, welcher sich ihr Vater schimpfte. Sie strich sich durch ihre blonden Haare
und fuhr mit den Fingern bis zum Ende ihres Pferdeschwanzes. Dann zog sie ihre Uniform glatt. Sie beschloss nicht auf die Stimme ihres Vaters zu hören, welcher ihr widerwillig folgte und sie mit allem möglichen Dreck und Schmutz bewarf. Stattdessen konzentrierte
sie sich auf ihre Atmung und ihre Gedanken wanderten zu der Schwester, welche sie nicht kannte. Wo war Jennifer nur? Niemand konnte etwas über den Verbleib der Hephaistos sagen. Auch ihre Kontakte ins Hauptquartier schwiegen sich über das Sternenflottenschiff
aus. Offenbar war die Hephaistos auf keiner Routinemission. Wieder einmal nicht. Sie hatten das Schiff nur knapp verpasst. Doch nun saßen sie untätig auf K7. Ihre Mission war es gewesen Samantha Connor mit ihrer Tochter zu vereinen. Natasha hatte dabei die
Schwester kennenlernen wollen, von der sie bisher noch nichts gewusst oder geahnt hatte. Jack, ihr Vater, hingegen hatte eine ganze eigene Absicht. Er wollte ein für alle Mal Ruhe finden für seine Familie. Wollte die Vergangenheit für immer begraben. Noch
immer hatte er nicht begriffen, dass diese Chance für immer vergangen war. Seine Frau, Lisa, welche die kleine Gruppe ebenfalls begleitete befand sich seit Wochen im Dauerstreit mit ihm. Auch sie wollte das Kind, welches nicht ihr eigenes war, sehen, um das
ganze Ausmaß der Lüge zu begreifen, welche ihr Mann ein Leben lang vorgespielt hatte. Natasha spürte, wie eine einsame Träne über ihre Wange rann. Nein, dies war wirklich keine normale Reisegesellschaft und nein, sobald würde sich diese Reisegesellschaft voneinander
auch nicht trennen. Sie wischte die Träne weg und konzentrierte sich weiterhin auf ihre Atmung.
Zeit: SpD 1.0900
Ort: Andockschleuse 3, K7
Die Schleuse öffnete sich und der glückliche Teil der Besatzung der Hephaistos, welcher auf Landurlaub gehen durfte, beeilte sich
das Schiff zu verlassen. Jenn tat diese ebenfalls in Begleitung von Samantha und Emily. Die beiden Frauen hatten es sich nicht nehmen lassen Jenn auf ein Frühstück einzuladen.
„Wir haben schon viel zu lange nichts mehr gemeinsam gemacht!“ hatte Emily gebettelt. Und nein, man konnte Emily hier nicht lange
widerstehen oder Nein sagen. Schon gar nicht, wenn sie einem mit diesem Katzenblick ansah, welcher einem regelrecht das Herz schmelzen ließ.
Die drei Frauen blickten sich um und versuchten sich einen Überblick zu verschaffen. Auf der Station hatte sich gefühlt nichts
verändert, doch ganz sicher konnten sie sich darüber nicht sein. Zu wenig Nachrichten hatten sie während ihrer Mission auf Xarantine erreicht, eigentlich gar keine und in den vergangen Tagen war so viel zu tun gewesen an Bord der Hephaistos, dass kaum einer
sich mit Nachrichten von K7 befasst hatte. Außer es gab wirklich zwingende Gründe.
Auch Jenn hatte ihre privaten Nachrichten nur kurz gescannt. Nach einem ausführlichen Gespräch mit Isabella hatte sie aber beschlossen,
keine weiteren Nachrichten zu lesen. Das meiste war eh nur lästige Werbung oder Newsletter, welche sie aus irgendeinem Grund einmal abonniert hatte.
Doch es brauchte nicht lange, bis ihr Blick auf vier Personen fiel. Zwei davon kannte sie leider nur zu gut.
Jenn hielt die Luft an und versteifte sich. Sam bemerkte es sofort, während Emily irgendetwas zu Essen schnupperte und ihre Nase
sie unweigerlich in eine Richtung zog. Erst als sie ein paar Meter gegangen war, stellte die Technikerin fest, dass ihre Begleiterinnen abhandengekommen waren. Das war wirklich unfair. Sie wussten doch wie wichtig ihr das Essen war und vor allem das Frühstück.
Sie drehte sich um und wollte sich schon beschweren, als ihr Blick auf Jenn fiel, welche stocksteif und kreidebleich vor der Andockschleuse stand. Sam sprach auf die OPS ein, doch von der kam keine Antwort. Ihr Blick ging starr in eine Richtung und hatte sich
auf vier Personen fixiert. Emily fand es faszinierend zu sehen, wie eine der drei Frauen langsam auf Jennifer zulief. Sie hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit ihrer Freundin, auch wenn sie deutlich älter aussah. Die Frau wurde immer schneller, ihre Augen schimmerten
feucht und als sie nur noch ein paar Schritte von Jenn entfernt war, entfuhr ihr ein Schluchzer, welche alle Personen um sie herum aufhorchen ließ. „Du lebst! Mein Gott, Du lebst!“
Dann umarmte die Frau Jennifer, welche sich deutlich überfallen fühlte von dieser Umarmung. Sie sah so stocksteif aus wie eine
Schaufensterpuppe und ihr Gesicht war total eingefroren. Eine andere Frau näherte sich langsam aus der Vierergruppe. Sie hatte lange blonde Haare, trug diese zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden und im Gegensatz zu der älteren Frau, welche gerade Jennifer
mit ihrer Umarmung beglückte, näherte sich diese Frau vorsichtig. Ihre grünen Augen fixierten die von Jennifer ganz genau.
Emily beobachtete das ganze Schauspiel fasziniert. Eigentlich wünschte sie sich noch eine Tüte Popcorn oder ein Eis um die Eindrücke
besser aufnehmen und verarbeiten zu können. Denn Eindrücke speicherten sich viel besser ab, wenn man sie mit Essen gleichsetzen und verbinden konnte. Doch vermutlich hätte das Eis dann nach Zwiebel schmecken müssen. Denn die Stimmung, welche von diesem seltsamen
Wiedersehen ausging, war alles andere als Heile Welt mäßig. Viel mehr hatte sie etwas von einem bedrückenden Familiendrama.
„Jenn, Jenn. Magst Du mich nicht vorstellen?“ versuchte Samantha ihrer Freundin zu helfen, welche offenbar überfordert war von
der Umarmung, in welcher sie sich noch immer befand.
„Oh, entschuldigen sie. Ich war so überwältigt…“ erwiderte die Frau mit den dunklen Haaren, welche der von Jenn so ähnelten.
Jennifer holte tief Luft, als sich ihre Mutter von ihr löste. Sie wusste noch immer nicht, wie ihr geschah und war vollkommen
überrascht von der Situation. Doch es war nicht nur die Anwesenheit ihrer Mutter, sondern auch die blonde Frau, welche sich langsam näherte. Jennifer erkannte Natasha Larson. Oft genug hatte sie das Bild ihrer Halbschwester angeschaut. Hatte sich gefragt,
wie das Leben für sie gewesen wäre, wenn ihr Vater sie unterstützt und umsorgt hätte. Viel Zorn und Neid hatte sie auf Natasha projiziert. Eine Stimme hatte in ihrem Hinterkopf immer gesagt, dass dies nicht gerecht war. Doch sie hatte diese Stimme meistens
erstickt.
„Jenn, alles gut?“ hakte Sam nach. Ihre Hand war ausgestreckt in Richtung ihrer Freundin, doch Sam wagte es im Moment nicht Jennifer
zu berühren. Dafür stand diese zu steif im Gang. Hilfesuchend sah Sam zu Emily, doch diese blickte immer noch fasziniert auf die kleine Gruppe, von irgendwo hatte Emily einen Lutscher organisiert und packte diesen gerade aus. Sam wusste, sobald der Zucker
durch Emilys Adern fließen würde, hätte sie Unterstützung, doch bis das so weit war, musste sie selbst agieren.
„Jenn?“
Die Angesprochene blickte zu Sam, sie blinkte einmal, zweimal mit ihren Augen. Dann holte sie tief Luft. „Mom, was machst Du hier?“
fragte sie entsetzt ihre Mutter.
Samantha Connor fasste ihre Tochter an den Schultern. „Ich habe Dich gesucht. Du warst schon wieder verschwunden, ich hatte solche
Angst um Dich, also habe ich Dich gesucht…“
Jennifer versuchte die Worte ihrer Mutter sacken zu lassen. Versuchte diese zu verstehen. Doch es fiel ihr schwer. Ihre Gehirnwindungen
hatten sich in Zahnräder verwandelt in welche Sand geraten war. Das Getriebe knarzte und krächzte. Es kämpfte gegen die Verstopfung an, versuchte sie zu überwinden. Doch es kostete alle Kraft.
„Sie sind Jenns Mutter?“ hakte nun Samantha nach, aus den Augenwinkeln sah sie, dass Emily mittlerweile den Lutscher in ihrem
Mund schob. Es schien alles in Zeitlupe zu geschehen. Verdammt, hoffentlich wirkte der Zucker schnell. Sie brauchte hier Unterstützung.
„Ja und Sie sind?“
„Ich heiße Samantha DeCoster, ich bin Jenns Freundin und die EO der Hephaistos.“
Die ältere Frau lachte auf, doch es klang, wie eine Überreaktion und das Lachen klang nicht fröhlich, sondern etwas hysterisch.
„Auch eine Sam, oh Jenn, das ist ja ein Zufall, oder nicht? Sind sie eine gute Freundin von Jenn?“ hakte Samantha Connor bei der EO der Hephaistos nach.
„Mom, das ist peinlich. Und warum sind die Larsons hier?“
Mittlerweile hatte sich Natasha den drei Frauen so weit angenähert, dass sie die Frage von Jennifer hören konnte.
„Wir haben Deiner Mutter geholfen Dich zu finden. Ich heiße Natasha Larson.“ Sie streckte ihre Hand aus. Sie war sich unsicher,
ob sie Jennifer hätte siezen oder duzen sollen. Schließlich hatte sich Natasha für das Du entschieden.
Der Zucker hatte wahre Wunder bei Emily bewirkt. Ihre Synapsen arbeiteten in Hochform und ihre Freunde ebenfalls. Eine angeregte
Unterhaltung hatte sich in ihrem Kopf entwickelt. In kürzester Zeit hatte ihre Freunde dabei die auffälligen Gemeinsamkeiten zwischen Natasha und Jennifer analysiert und entdeckt. Das Ergebnis war eindeutig. Die beiden Frauen waren Schwestern. Wenn auch vermutlich
nur Halbschwestern.
„Du hast eine Schwester? Warum hast Du davon nie erzählt. Ich bin Emily, die beste Freundin von Jenn und ich will alles über Jenn
wissen!“
Natasha blickte auf die fremde Frau, die nun neben ihr stand. Die bunten Haare verwirrten Natasha etwas. Ebenso die Tatsache,
dass die beste Freundin offensichtlich wenig über Jenns Privatleben wusste. Doch sie wollte ihre Schwester nicht blamieren oder auflaufen lassen. „Ich bin Natasha Larson, freut mich sie kennenzulernen!“
Jennifer blickte von Sam zu Samantha, zu Natasha zu Emily. In ihrem Kopf drehte sich alles. Dann polterte eine Stimme, welche
sie nur zu gut kannte und welche sie nicht vermisste hatte, seitdem sie die Stimme das erste Mal als Teenager gehört hatte.
„Sie Dir nur den ganzen Schlamassel an. Da hast Du mal wieder so richtig ordentlich in die Scheiße gelangt, oder?“
Als sich Jack näherte, begann Jenns Armband wie wild zu vibrieren und gab einen schrillen Alarmton von sich. Dann wurde es schwarz
um Jennifer.
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Zeit: SpD -20.1600
Ort: Büro von Claudia Ruthven, K7
Jack und Natasha versuchen einen Termin bei Claudia Ruthven zu bekommen, doch der Adjutant lässt sie nicht durch. Natasha ist
frustriert über ihren Vater.
Zeit: SpD 1.0900
Ort: Andockschleuse 3, K7
Sam und Emily haben Jennifer zu einem Frühstück auf K7 überredet. Doch der Ausflug endet schon direkt nach der Andockschleuse,
denn die drei Frauen werden von den Larsons und Jennifers Mutter, Samantha Connor, überrascht.
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Submitted by
Friddi
Aka
Ens. Jennifer Larson
OPS USS Hephaistos