Ein schwieriges Thema…
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# Zeit: MD 15.1905
# Ort: Quartier Selene
# Ball: Shay/Trish
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Selenes Blick dagegen blieb auf Trish haften. Gerade eben hatte sie zu einem Hologramm gebetet und nun stand die Göttin quasi wahrhaftig vor ihr? Nun gut nicht ganz. Sie war eindeutig ein Mensch und keine Kikonin aber das feuerrote Haar und die blasse Haut…
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Wie gut, dass sie vor ihrer Abreise so intensiv gebrieft worden war. Daher konnte Selene den Kommandanten dieses Schiffes sofort identifizieren. Einmal aufgrund seines Gesichtes und dann auch aufgrund der kleinen vier goldenen Kästchen am Kragen seiner formalen Dienstkleidung.
Neben dem Kommandanten – Captain, wie er hier genannt wurde – stand SIE. Die Göttin, wie man ihr gesagt hatte. Und ja, Selene ertappte sich dabei, wie sie leicht die Fassung verlor. Diese junge Menschenfrau sah in der Tat aus wie die fleischgewordene Göttin selber. Nicht Alatheia, die sie anbetete, aber dennoch war diese Frau der Archetyp einer kikonischen Göttin… das Haar, die Augen, die Haut… wenn man einmal von den runden Ohren und der ungewöhnlichen Nasenwurzel absah.
Und natürlich die hier wohl unvermeidliche üppige Bekleidung. Es war Selene ein Rätsel, weshalb sich die Menschen immer so extrem einpackten. Das war unpraktisch UND ein wenig peinlich gleichermaßen. Vor allem für eine Göttin! Aber natürlich hatten andere Völker auch andere Wertmaßstäbe. Einer der Gründe, weshalb sie selbst ja hier an Bord war.
Nach mehr als zwei Sekunden gelang es der jungen Anthipopliarchix sich wieder zusammen zu reißen und sie stellte leicht beschämt fest, dass sie die ganze Zeit über die Frau angestarrt hatte.
„Sygnomi…“ murmelte sie, was der vermaledeite föderierte Translator natürlich sofort in normaler Lautstärke übersetzte: „Entschuldigung!“
„Captain… Déax ton prix…“ begann sie dann und brachte in recht akzentuiertem Föderationsstandard die Grußformel vor, die sie sich zuvor schon zurecht gelegt hatte.
„Ich bin sehr erfreut Sie kennen zu lernen. Bitte treten Sie doch ein.“
Shay und Trish erwiderten den Gruß mit einem Lächeln und folgten der Einladung der Kikonin.
„Sie sprechen Föderationsstandard?“ fragte Shay dann. Dass sie das so schnell hätte lernen können erstaunte ihn dann doch.
Selene wechselte wieder in ihre Muttersprache, so dass der Sternenflottenkommunikator, den sie auf ihrem linken Oberarm oberhalb ihrer Rangspange trug, wieder die Übersetzung übernahm.
„Nein, tut mir leid. Ich kenne nur einige Redewendungen, die ich auswendig gelernt habe. Aber ich lerne.
Bitte nehmen Sie doch Platz. Und bitte entschuldigen Sie meine etwas unpassende Bekleidung. Ich war eben noch im Gebet, und es ziemt sich nicht, vor der Göttin in edlerer Kleidung zu erscheinen.
Einen kleinen Augenblick bitte.“
„Bitte, wir können auch gern ein andermal wiederkommen, wenn es gerade unpassend ist.“ warf Shay ein. Wenn diese junge Frau gerade im Gebet zu ihrer Göttin gewesen war, dann wollte er wirklich nicht stören.
Doch Selene lächelte nur. „Nein. Es ist alles in Ordnung. Ich war schon fertig.“
Das stimmte nicht ganz. Die Abschlussformel hatte sie nicht sprechen können. Aber das war nicht so schlimm.
Schnell kniete sie sich einmal vor den Altar, verbeugte sich mit vor der Brust verschränkten Händen tief und deaktivierte das Hologramm. Sie legte den Kapuzenumhang ab, faltete ihn schnell zusammen und legte ihn auf den kleinen Schrein. Dann erhob sie sich wieder und wandte sich ihren Gästen zu.
„Was kann ich für Sie tun?“ fragte sie dann.
„Anthipopliarchix Menodora Nikitidis Selene atto Loutra,“ begann Shay. „Ich wollte mich gern vorstellen. Sie einfach gern kennen lernen. Immerhin werden Sie ja einige Zeit auf meinem Schiff verbringen. Vielleicht können wir uns ja etwas später einmal zusammensetzen und überlegen, wie wir Sie in den Schiffsalltag integrieren können, wenn Sie das möchten. Allerdings ist die Hephaistos ja nicht ihr eigentliches Ziel.
Und Petty Officer Greene wollte sich, glaube ich, ebenfalls einfach gern vorstellen.“
„Ja, danke… Captain.“
An Selene gewandt versuchte Trish der doch ausgesprochen hübschen Kikonin nicht immer wieder aus Dekolleté zu schauen. „Ich wollte… nun, Sie wissen ja, was auf dem Planeten geschehen war. Immerhin haben Sie mich ja als Déax ton prix angesprochen. Ich möchte nicht, dass es später an Bord zu… seltsamen Szenen kommt.“
„Seltsamen Szenen?“ Selene zog eine Augenbraue hoch.
„Sie meinen, dass ich nicht spontan auf die Knie falle und Sie anbete?“ Selbst der Translator brachte den spöttischen Tonfall herüber.
„Nein, ich… Himmel!“ seufzte Trish. Das war ihr gar nicht angenehm.
„Ja.“ Meinte sie dann. „Genau das war ja unten auf Thyene auch passiert. Und, ehrlich gesagt, kann ich damit gar nicht gut umgehen.“
Jetzt war es an Selene, unangenehm berührt zu sein.
„Bitte entschuldigen Sie. Ich wollte nicht… frech klingen.
Es ist… nun… nicht alle aus unserem Volk sind besonders religiös. Eher nur die Minderheit. Und diejenigen, die, wie ich, die Götter wirklich verehren, tun das aus echter Überzeugung. Die Götter sind alt. Viele tausend Jahre schon werden sie verehrt und haben wirklich auch für uns gewirkt. Auch wenn manche das abstreiten.“
Selene machte eine offene Geste. „Was wissen Sie über die Prix, Petty Officer Greene?“
„Nichts. Nicht viel, jedenfalls. Also, dass sie Reptilien sind, als heilig gelten und in ihrem Volk entsprechend hoch verehrt werden.“ gestand Trish ein. Wirklich besonders hatte sie sich mit diesen Biestern nicht beschäftigt. Schließlich war sie Technikerin und keine Eidechsenzüchterin.
„Ja.“ nickte Selene. „Die Prix, wie sie heute existieren sind Tiere. Tiere, die bei uns als heilig gelten. Aber keine Götter. Nicht mehr. Früher, so heißt es, waren es großartige Geschöpfe voller Edelmut und hoher Intelligenz.“
„Wie unsere Drachen.“ warf Shay ein.
„Oh!“ meinte Selene. Sie haben auch solche Götter?“
„Keine Götter.“ meinte Shay. „Nur mythische Lebewesen. In Legenden.
Aber ich wollte nicht unterbrechen.“
„Nun. Die Prix haben laut unserer Mythologie ihre Göttlichkeit ihren Kindern übergeben. Den heutigen Göttern. Das sind die ‚Déax ton prix‘, die ‚Kinder der Prix‘. Und das eben vor tausenden von Jahren. Danach ist so etwas _nie mehr_ vorgekommen.“
„Und diese Prophezeiung? Wegen des vierten Zeitalters?“ fragte Shay nach.
„Diese Prophezeiung gibt es. Und ja, es hat einige… sagen wir, Auftritte von Déax ton prix gegeben. Und die wurden auch immer von einigen Anhängern anerkannt. Aber es waren alles nur religiöse Extremisten, die sich unter dem Mantel göttlicher Sendung versucht haben, einen Platz zu erschleichen. Ich weiß nicht, ob es so etwas in ihrer Geschichte auch gibt. Aber keine dieser Déax ton prix hatte auch nur ansatzweise etwas von Göttlichkeit gehabt. Es waren durchweg alles nur Demagogen.“
Sie sah Trish an. „Daher… bitte verzeihen Sie… aber… Petty Officer Greene, sind Sie wirklich eine Göttin?“
Trish zögerte keine Sekunde. „Nein!“ sagte sie. „Zumindest fühle ich mich nicht so. Ich bin immer noch die, die ich war. Ein einfacher Mensch. Vielleicht… ich weiß es nicht… gibt es etwas in mir, was es mir erlaubt hatte, den Prix zu reiten. Und ihn zu beherrschen. Aber auch nicht richtig. Aber wenn, wie Sie sagten, die Prix nunmehr einfach Tiere sind, dann gibt es vielleicht zwischen diesem einen Prix und mir eine Affinität. So etwas gibt es auch zwischen Menschen und Hunden beispielsweise. Jedenfalls habe ich sowas schon mal gelesen.“
„Hunden?“ fragte Selene nach.
„Auf der Erde weit verbreitete Haustiere.“ erklärte Shay.
„Ah!“ nickte Selene. „Nun, Petty Officer Greene…“
„Nennen Sie mich doch einfach Trish. Das ist mein Vorname.“
„Trish… sehr schön. Danke. Dann nennen Sie mich auch einfach Selene. Das ist mein Rufname.
Trish, ich verstehe nicht immer alles, was mit den Göttern zusammenhängt. Eigentlich verstehe ich nur sehr wenig davon. Ich bin keine Agia Mitera, keine Hohepriesterin. Was die Atrexa oder die Prinkipax dazu bewogen hat, Ihnen diesen Titel zu verleihen, weiß ich nicht. Sicher ist, dass es eine hohe Ehre ist. Und, wenn ich es richtig verstanden habe, war dies auch berechtigt. Aber ebenso sicher ist, dass es in unserer Gesellschaft leider auch religiöse… nun, streng religiöse Leute gibt, die diesen Titel für Sie als eine Anmaßung und Frechheit ansehen und daher, nun sagen wir, nichts unversucht lassen werden, um gegen Sie zu opponieren.“
Die Kehrseite der Medaille! Trish schwieg betroffen. Sie hatte das zwar nicht erwartet, doch andererseits wäre es auch naiv gewesen anzunehmen, dass bei einer planetenweiten Bevölkerung alle immer derselben Meinung sind. Gerade beim Thema Religion.
„Und Sie, Selene?“ fragte Shay dann.
„Wie denken Sie darüber?“ Immerhin war diese junge Frau sehr religiös. Das wusste er.
„Ich bin vor allem Offizierin. Und ich gehorche meiner Atrexa. Meine private Meinung ist nicht von Belang.“ erklärte Selene vorsichtig.
„Aber wenn ich sie äußern darf, dann muss ich gestehen, dass ich sehr froh bin, wie Sie, Trish, diese Sache sehen. Ich denke, dass die Götter hier sicher gefügt haben, dass Sie den Prix bezähmen und lenken durften. Das erklärt für mich, dass es überhaupt möglich war. Eine andere, biologische Erklärung greift da für mich nicht. Die Prixe, gerade männliche Jugendliche, sind reißende Raubtiere und eine Kikonin oder Menschin wäre für sie einfach nur Beute. Nein, für mich war das ganz eindeutig göttliche Fügung. Aber das macht Sie, Trish, nicht zur Göttin, sondern nur zu ihrem Werkzeug. Auch das ist das eine hohe Ehre und dass das so geschah, dafür bin ich Alatheia dankbar.“
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# Zeit: MD 15.1905
# Ort: Quartier Selene
# Ball: Shay/Trish
Shay und Trish besuchen Selene in deren Quartier. Natürlich kommt es zu einem Austausch über Religion, der aber nach anfänglicher Irritation zu einem guten Ergebnis führt. Bei diesem Thema ist das nicht immer selbstverständlich.
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submitted by
Isabelle
a.k.a.
Anthipopliarchix Menodora Nikitidis Selene atto Loutra Gast an Bord