CoPo.
<rpg>
#Ort: Shermans Planet, sehr abgelegen, eine Hütte
#Zeit: SpD 02.0500
Shay war endlich eingeschlafen. Dennoch war sein Atem nicht ruhig und gleichmäßig. Es war eine emotionale Achterbahnfahrt, in der er keinen Ausweg fand, doch der Körper forderte sein Recht. Ein Mensch konnte nicht allein von Alkohol leben, es half auch nicht wirklich, auch wenn der Schmerz dumpfer wurde. Nun kamen die Träume über ihn.
Das Gesicht eines Mannes tauchte vor ihm auf. Zuerst verschwommen und Shay wollte ihm zurufen: „Verschwinde, lass mich allein!“, bis er ihn erkannte. Elder Godric.
„Was willst Du hier?“, fragte er stattdessen und erinnerte sich an Arcadia und Reedale, an den Verlust Jynahs und seines ungeborenen Kindes. Nur um festzustellen, dass sowohl die Frau, als auch sein Sohn tatsächlich lebten – und ihm erneut genommen worden waren, nachdem er gerade mit dem Gedanken Vater zu sein klargekommen war. Zu gern hätte er irgend etwas nach dem Mann geworfen, aber es gab hier nichts, nur Dunkelheit und diesen Mann vor ihm.
„Ich möchte Dir etwas zeigen, Shay.“
Der Schotte brummte. Es gab nichts, das jetzt wichtig wäre. Eigentlich wollte er niemanden sehen. Nichts sehen. Dunkelheit und Vergessen. Den Schmerz betäuben. Nichts mehr fühlen müssen.
„Lass mich in Ruhe.“
„Das werde ich nicht. Ich muss Dich mitnehmen, für einen Moment. Nachdem Du gesehen hast, was ich Dir zeigen will, ist es Deine Entscheidung, was Du weiterhin tust, aber wissen sollst Du dies.“
„Was ist so wichtig? Wofür brauchst Du mich? Kann ich nicht einmal in meinen Träumen…“
„Es geht um Dich. Um einen kleinen Rest von Dir, der in Arcadia verblieben ist. Und um andere Einwohner dort“, gab Godric ruhig zurück.
Shay fuhr wütend auf: „Es ist genug! Ich habe mich immer um andere gekümmert! Und alles was ich bekommen habe…“
Sanft spürte Shay die Hand des Mannes auf seinem Arm: „Du musst nichts tun, Du musst es nur sehen. Es ist wichtig für Dich.“
Aus dem Dunkel wurde langsam ein Bild. Eine andere Umgebung. Eine andere Welt. Ein Ort, den er kannte. Dies war sein Haus. Dort, der alte Herd. Aus dem Fenster sah er die Weide. Eines der Einhörner trabte über die Wiese. Auch hier gab es nur Schmerz und Erinnerungen. Er wollte sich zu Godric umdrehen, doch da war niemand. Stattdessen öffnete sich die Tür. Eine Frau trat ein. Eine Frau, die er kannte. Nur… nicht so.
„Jynah!“, entfuhr es ihm und er keuchte laut auf.
Jynah Ros. Nein. Er sah den Ring an ihrem Finger. Den, den er ihr zu ihrer Hochzeit angesteckt hatte, die es nur in seiner Erinnerung in dieser Welt gegeben hatte.
Die Frau sah ihn nicht, sie trat in Richtung der Arbeitsplatte und hob ihre Hand. Ihre einzige Hand. Da, wo der andere Arm sein sollte, war nur ein Stummel ihres Armes. Ein Messer erhob sich und begann Kartoffeln zu schälen, ein zweites hackt Zwiebeln auf einem Brett. Fröhlich summte Jynah vor sich hin.
„Was…?“, fragte Shay, aber erneut bekam er keine Antwort. Er war einfach nur Zuschauer einer Szene, die schmerzhaft und unverständlich war für ihn. „Warum tust Du das, Godric!“, schrie er.
Erneut öffnete sich die Tür und Shay konnte nur zusehen. Diesmal betraten gleich zwei Personen sein Haus – und ihm stockte der Atem. Das war er. Er selbst. Er, der Einhornzüchter Arcadias. Und die Person, die an seiner Hand ging, war sein Sohn. Jynah lächelte und drehte sich ihrem Mann zu: „Ihr seid zu früh, das Essen ist noch nicht fertig.“
„Ich kann helfen!“, erbot sich der Junge enthusiastisch. Shay, der andere Shay, der Einhornzüchter, hob seinen Sohn vom Boden auf den Arm, dann gab er Jynah einen Kuss: „Wir decken den Tisch, okay?“
Jynah nickte: „Danke.“
Eine Handbewegung von ihr ließ das Feuer im Ofen auflodern.
Shay, der Captain, sah stumm zu. Was geschah hier?
Erneut änderte sich alles. Es wurde wieder dunkel und Godric stand vor ihm. Shay ballte die Hände zu Fäusten.
„So war es nicht! Sie starb! Und jetzt ist sie auch in Wirklichkeit tot! Warum tust Du mir das an?“
„Sie ist nicht tot. Sie sind nur an einem anderen Ort. Wir konnten sie nicht sterben lassen. Beide. Und ein kleiner Teil von Dir ist nicht aus Arcadia fortgegangen. Ein früherer Teil, ein jüngerer Teil. Sie sind glücklich. Ich wollte, dass Du dies siehst. Kehre zu Dir selbst zurück. Zu dem, was Du heute bist. Was Du hast. Wer Du geworden bist.“
Shay lachte bitter auf. “Wie kommst du darauf, dass ich das kann oder will? Jetzt nachdem du mir das hier gezeigt hast?” fragte er wütend und ballte die Hände zu Fäusten. Das hier wäre sein Leben gewesen … Stattdessen würde er in eine Welt zurück müssen, in der Jynah und Junior tot waren und er zurückblieb. Für was? Die Flotte?
“Fuck you, Godric!” rief er aus, während der Elder ihn nur traurig ansah.
“Du wirst es verstehen. Irgendwann.” meinte er nur langsam, doch Shay schüttelte den Kopf.
“Was verstehen? Den Schmerz? Hast du eine Ahnung, wie sich das anfühlt? Das da macht es nicht besser, eher im Gegenteil! Das macht alles nur noch schlimmer!” schrie er den Elder an und deutete auf die idyllische Szenerie einer glücklichen Familie.
“Lasst mich doch alle einfach in Ruhe mit euren Spielchen! Die Elder, die Srday, das gottverdammte Schicksal! Ich will doch einfach nur ….” Er stockte und starrte wieder auf die Szene. Die Wörter ‘glücklich sein’ schienen ihm im Hals stecken zu bleiben.
“Ich verstehe.” meinte Godric traurig und während Shay noch auf die Szenerie starrte, schien sich alles um ihn herum aufzulösen in einem bunten Wirbel aus Farben so dass ihm übel wurde und er die Augen schloss.
Als er sie wieder öffnete, war er zurück. Zurück in der Hütte, die er gemietet hatte und mit ungeahnter Schnelligkeit fiel er aus dem Bett und wankte in das kleine Badezimmer, in dem er den Rest seines eher flüssigen Mageninhaltes wieder ausspuckte.
Mit nunmehr flauem Magen spritzte er sich etwas Wasser ins Gesicht und vermied den Blick in den Spiegel. Stattdessen schlang er sich die dünne Decke vom Bett um den Körper und trat auf die kleine Veranda.
Der Morgen graute und die Wellen schlugen leise rauschend an den Strand. Es würde an diesem Tag Regen geben, so viel konnte er an den dunklen Wolken am Himmel ausmachen. Fast schien es, als würde sich das Wetter an seine Stimmung anpassen.
Er starrte auf das Grau in Grau und dachte an Godric, an das, was der Elder ihm gezeigt hatte, und wieder spürte er den Verlust. Den Schmerz. Einen Schmerz, den er in die Welt hinaus schrie, bis er fast heiser war.
Nahe Vögel schreckten von dem Laut auf, aber außer den Tieren hier hörte niemand den Schrei. Er hatte dafür gesorgt, dass die Hütte so abgelegen wie möglich war und auch ganz sicher kein Besucher ihn stören würde.
Sein Gesicht war nass. Ob von dem beginnen Regen oder seine Tränen konnte er nicht sagen und es war ihm auch egal. Erschöpft schlurfte er wieder in die Hütte. Griff im vorbeigehen nach der halb vollen Flasche auf dem Tisch und legte sich wieder in das Bett.
Zur Hölle mit ihnen allen!
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#Ort: Shermans Planet, sehr abgelegen, eine Hütte
#Zeit: SpD 02.0500
Ein Traum, eine Begegnung, die Wahrheit? Auf jeden Fall ein Grund mehr für Shay, sich zu betrinken.
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