Gruß Johannes
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# Zeit: MD 6.1500
# Ort: Zwischen Reedale und Arcadia
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“Wie komme ich in diese Feenwelt? Kannst Du mir den Weg zeigen?”, fragte das Mädchen und Fabi wehrte ab: “Da geh ich nie wieder hin! Nein!”
Massimo seufzte: “Ich komme mit, Ihr müsst nicht allein gehen.”
Auch Jetsun meldete sich zu Wort: “Bitte, hilf uns.”
Gegen diese geballte Macht an Bitten hatte der Mann keine Chance mehr. Der Zugang zur Welt der Feen war gar nicht so weit entfernt. Er gab sich geschlagen: “Also gut. Aber wenn ihr sie hört oder seht, versteckt euch. Wir dürfen nicht gesehen werden.”
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Unter Fabièns Führung beschritt die kleine Gruppe den Weg, welcher in Richtung des Friedhofs führte. Was auch immer da im Dorf geschehen war, schien dem Krämer Angst zu machen. Zumindest schlug er ein straffes Tempo an. Massimo, eher der gemütliche Typ, hatte Mühe Schritt zu halten. Jetsun hingegen kam gut hinterher, und Neni als Indianerin sowieso. Ihre Beine bewegten sich wie von selbst, und sie konnte in Ruhe ihren Gedanken nachhängen.
Noch immer war sie verwirrt von dem Durcheinander, in das sie plötzlich geraten war. In ihrer Welt, der echten Welt, hatte sie den „Computer-Ausgang“ gefunden – das Portal, das sie in diese Geisterwelt gebracht hatte. Doch zuvor hatte es in eine andere Welt geführt, mit glänzenden Tunneln – vielleicht war diese Welt tief unter der Erde? Jetzt war sie in dieser Welt, die ihrer ähnlich und doch ganz anders war. Auch die Bewohner waren überhaupt nicht so, wie sie sich Geister vorgestellt hatte. Die meisten sahen aus wie ganz gewöhnliche Menschen, nur mit anderer Hautfarbe als ihr Volk, und benahmen sich auch wenig geisterhaft.
Noch immer sah sie nicht durch, was die beiden Welten verband, und welche Geister eigentlich wo hingehörten.
Sie schielte verstohlen zu Jetsun. Jetsun meinte es gut mit ihr, da war sie sicher. Dennoch umgab sie ein Geheimnis. Sie schien in beiden Geisterwelten zuhause zu sein, mit jeweils verschiedenen Gestalten. Doch wie hatte sie ihre ganzen Erinnerungen verlieren können? Und welche war wohl ihre Heimatwelt? Sie wirkte so ätherisch und grazil, jetzt mehr als je zuvor. Nicht wie jemand, der in Tunneln unter der Erde hauste. Und dennoch war sie zuerst aus jener Welt in die wirkliche Welt gekommen.
Nun waren sie unterwegs in eine vierte Welt. Das „Feenreich“, wie der Krämer es genannt hatte. Vielleicht handelte es sich dabei wieder um die echte Welt; doch eigentlich glaubte Neni es nicht. Wieviele Welten es wohl noch geben mochte? Ob die Bewohner dieser Welten sich selbst für echt und die anderen Welten für Geisterwelten hielten? Was machte sie so sicher, dass *sie* nicht der Geist war, der sich in die echte Welt verirrt hatte?
Gab es überhaupt eine „erste“, „echte“ Welt? Was, wenn Neni verdammt dazu war, von Welt zu Welt zu ziehen, auf der Suche nach ihrem verschwundenen Volk. So lange, bis sie selbst unrettbar verirrt war, und nie wieder den Weg nach Hause finden würde, zu ihrer Familie, ihrem Pferd. Es schauderte sie.
Unfug, schalt sie sich selbst. Fabi hatte Leute gesehen, die ihr ähnlich sahen – vielleicht waren es sogar ihre Stammesgenossen. Vielleicht hatte es einen großen Welten-Entführungs-Zauber gegeben, überlegte sie, bei dem alle möglichen Wesen in fremde Welten gestoßen worden waren, und jetzt suchten sie alle den Rückweg. Oder – sie sah zu Jetsun – sie wussten gar nicht, dass sie eigentlich in eine andere Welt gehörten? War sie vielleicht auch….
„Hier lang“, unterbrach Fabiens Stimme ihre Gedanken. Da war ein Pfad, der in den Wald abbog. „Versucht möglichst keine Zweige abzuknicken oder so. Will nicht dass jemand anderes den Weg findet.“
„Öhm,… “ entfuhr es Neni, bevor sie beschloss lieber nichts zu sagen. Sie hatte schon aus fünf Schritt Entfernung gesehen, dass hier eine Abzweigung war. Es war doch offensichtlich; auf dem Weg war ein Rest eines Fußabdrucks zu sehen, der zur Seite gedreht war, und auch die Grashalme am Rand waren anders gebogen. Sie würde schätzen, dass vor höchstens zwei Tagen jemand hier eingedrungen war. Da hing sogar noch ein braunes Fussel an einem tiefhängenden Ast, das ganz klar vom Mantel des Krämers stammte. Für die Augen der Indianerin war das ebensogut wie ein Wegweiser mit der Aufschrift „Fabièns Geheimweg“. Aber vielleicht, dachte sie sich, waren die Geister so in ihre Geisterwahrnehmungen und Geistergedanken eingesponnen, dass sie selbst solche offensichtlichen Spuren übersahen.
Sie schlugen sich nacheinander ins Unterholz, und Neni nutzte die Gelegenheit, um zu ihrem Führer aufzuschließen. Ohne bewusst darüber nachzudenken, traten ihre Füße exakt in seine Fußstapfen, so wie sie es von klein auf gelernt hatte. Schatten und Sonnenlicht wechselten sich ab auf ihren Gesichtern, während sie unter den Säulen der Baumstämme dahingingen.
„Wie sieht der Übergang in die andere Welt eigentlich aus“, fragte sie nach einer Weile den Krämer. „Ist es vielleicht zufällig ein grauer glänzender Durchgang mit bunten Lichtern an einer Seite?“
Er sah sich für einen Moment zu ihr um. „Hm? Nein, wieso. Bunte Lichter?“ Fabi schien Mühe zu haben, sich so etwas auch nur vorzustellen. „Ne, ist’n ganz normaler Feenhügel. Siebenmal rumgehen, und der Durchgang öffnet sich. Man muss sie halt nur erkennen.“
„Feenhügel?“ Das wiederum sagte Neni nichts. „Ist das so eine Art heiliger Ort?“
„Nun… Könnte man so nennen, schätze ich“, zuckte Fabi mit den Schultern. „Muss wohl jeder selber wissen, was er heilig findet. Aussehen tun sie wie’n stinknormaler Grashügel. Es ist eher so’n Gefühl das man kriegt, wenn man in der Nähe von einem ist. Wobei man’s natürlich kennen muss damit man es erkennt.“
„Hm“, nickte Neni. Nun war sie noch neugieriger.
Fabi orientierte sich kurz, dann bog er ein wenig nach links und ging weiter (Neni hätte dem Pfad ohne Mühe folgen können). „Wo wir gerade beim Thema sind.“ sagte er nach einer kleinen Weile des Schweigens. „Wie kommt’s eigentlich, dass du gar keine Aura hast?“
„Sollte ich so was besitzen?“, fragte Neni überrascht. Sie betrachtete prüfend ihre nackten Unterarme. „Ehrlich gesagt, kenne ich das Wort gar nicht. Ist das eine Art Medizin oder Totem?“
Über seine Schulter sah Fabi sie prüfend an, wobei er weiterging. „… Aura – na, die farbigen Muster um die Leute rum. Guck“, er deutete mit dem Daumen auf Jetsun, „die grünen Fäden um den Oberkörper, die silbrigen Funkeldinger an den Schläfen, und so weiter – das meine ich. Du hast keine.“
Neni sah sich um. Jetsun sah aus wie immer. Also, abgesehen von den Flügeln auf dem Rücken. Sie schaute etwas konsterniert zurück ob der unerwarteten Aufmerksamkeit. Hinter ihr schwitzte Massimo. Auch er sah aus wie ein ganz normaler Mensch (aus der Geisterwelt).
„Keine Ahnung, wovon du sprichst“, rätselte die Indianerin darum.
„Hä, das musst du doch sehen“, erwiderte Fabi zweifelnd. Er schaute zwischen Neni und Jetsun hin und her. „Das ist doch…“
„Was soll sie sehen?“, fragte Jetsun, die – in Gedanken versunken – nur den letzten Teil des Gespräches mitbekommen hatte. Sie hatte die erste Begegnung mit dem Krämer noch nicht vergessen, und hatte darum instinktiv das Gefühl, für Neni Partei ergreifen zu müssen.
Nun blieb Fabièn stehen. „Na, die Auren, das meine ich. Deine“ – er zeigte mit der Hand auf Jetsun – „und seine“, wies er auf Massimo. „Hab sie gefragt warum sie eigentlich keine hat.“, erklärte er.
„Keine Aura?“ fragte Jetsun. Ungläubig blickte sie Fabien an. Schließlich murmelte sie leise einige Worte in der Wahren Sprache. Die Kraft des Himmels fuhr wie ein leichter Sommerhauch in ihre Fingerspitzen. Sie berührte flüchtig erst Neni, dann Fabi an der Stirn.
„Tatsächlich“, bestätigte sie überrascht. „Eure Aura kann ich spüren.“ Sie hatte sich nicht einmal so unangenehm angefühlt, wie sie nach ihrem bisherigen Eindruck von Fabièn erwartet hatte. Fast… vertraut.
„Bei dir ist nichts“, sagte sie zu Neni. Sie hielt kurz die Hand der Indianerin, nicht dass sie auf die Idee kam, das wäre was schlimmes.
Fabi hob die Hand in einer Hab-ichs-nicht-gesagt-Geste.
Neni fand daran nichts Überraschendes. „Ist doch ganz klar. Ihr als Wesen der Geisterwelt habt halt diese … Aura … – ich nicht, weil ich aus der echten Welt stamme und nur eine einfache Sterbliche bin. Und deswegen hab ich auch nicht die Fähigkeit, eure Aura zu sehen.“
„Möglich“, nickte Jetsun nach der Erklärung, nur um sich sofort zu korrigieren: „Nein. Moment. Ihr *seht* unsere Auren?“, fragte sie Fabièn. Ein einfacher Dorfbewohner? „*Ich* brauche extra einen Zauber, und selbst dann spüre ich sie nur mit den Fingern. Wie kann es da sein, dass Ihr sie sehen könnt!?“ Ihre Stimme, obwohl immer noch sanft, enthielt eine gehörige Portion Argwohn.
Fabi hob verteidigend die Hände. „Na, kann ich halt, schon immer! Ich dachte, ihr seht das alle?“, fragend sah er zu Massimo.
„Nope“, schüttelte dieser nur den Kopf. Eine gewisse Neugier blitzte kurz aus seinen Augen, ehe er sie verbarg.
Jetsun durchbohrte Fabièn mit scharfem, misstrauischem Blick. Er brauchte nicht in ihrer Aura suchen, um zu erkennen, dass sie verärgert war. Warum auch immer, machte ihn das traurig. „Hohe Dame, ich bin nun mal wie ich bin. Ich habe es mir nicht ausgesucht. Ich versichere Euch, dass ich Euer ergebenster Diener bin“, entschuldigte er sich etwas holprig, mit einem ehrlichen Lächeln.
Das stimmte Jetsun milder – war sie nicht auch zur Ausgestoßenen geworden, weil sie anders war als die Leute es sich wünschten? Vielleicht hatte sie Fabièn vorschnell in eine Schublade gesteckt.
„Lasst uns weitergehen“, schlug Massimo vor.
Etwa eine halbe Stunde später lichtete sich der Wald, und unversehens traten sie auf die Lichtung hinaus, in der der Hügel friedlich in der Sonne schlummerte.
Sowohl Neni als auch Jetsun spürten das Besondere an diesem Ort. Es war nichts, was man an bestimmten sichtbaren Zeichen festmachen konnte wie beim Spurenlesen. Es war mehr… wie sich das Gesamtbild zusammenfügte, so als müsste man nur die Augen zusammenkneifen, um ein verstecktes Bild zu erkennen. Es war, wie der Krämer gesagt hatte, ein Gefühl, das man ohne weiteres wiedererkannte, wenn man nur erst wusste was es bedeutete.
Auf Fabis Aufforderung hin legten sie alle eisernen Gegenstände ab, die sie bei sich trugen. Genaugenommen nur Fabi und Massimo, denn die beiden Frauen hatten sowieso nichts Eisernes dabei. Nenis Tomahawk war aus Stein und das Messer aus Bronze (nicht, dass sie eines von beiden jemals zurückgelassen hätte).
Nachdem sie das getan hatten, machten die vier sich daran, im Gänsemarsch siebenmal den Hügel zu umrunden.
Hinter ihnen flatterten zwei kleine Feen auf die Lichtung.
„Wir fliegen wohl besser unauffällig hinterher“, meinte Einstein zu Hawking in seinem fliegenden Miniatur-Feenrollstuhl. „Wenn sie jetzt da reinspazieren, sollten ein paar Erwachsene in der Nähe sein.“
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# Zeit: MD 6.1500
# Ort: Zwischen Reedale und Arcadia
# Bälle: Assets, Isabelle, Freiball
– Jetsun, Neni und Massimo werden von Fabi zum Feenhügel geführt. Unterwegs wundert sich Fabi, dass Neni keine Aura hat, worauf sich herausstellt, dass er der einzige ist, der die Auren sehen kann. Als sie den Feenhügel betreten, sind sie nicht allein – die Einstein-und die Hawking-Fee sind ihnen gefolgt…
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submitted by
Johannes a.k.a Fabièn LaGroille, zwielichtiger Krämer aus Reedale